03.06.2025 13:00:00

EU-Defizitverfahren - Woher die drei Prozent Neuverschuldung kommen

Österreich macht heuer laut Prognose der EU-Kommission neue Schulden in der Höhe von 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Maastricht-Kriterien der EU erlauben aber nur eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent, weshalb die EU-Kommission ein Defizitverfahren eröffnen wird.

Die Maastricht-Kriterien sollen verhindern, dass sich ein EU-Land zu sehr verschuldet, und die Stabilität der gemeinsamen Währung sicherstellen, doch eine ökonomische Begründung, warum die Neuverschuldung nur drei Prozent betragen darf, gibt es nicht. Die Höhe wurde in den 80er-Jahren mehr oder weniger willkürlich festgelegt.

Französischer Finanzbeamter als "Erfinder" der Defizitgrenze

"Erfunden" wurde die Defizitgrenze laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) 1981 von einem jungen Mitarbeiter im französischen Finanzministerium, Guy Abeille, weil der damalige Präsident Fran�ois Mitterrand Argumente brauchte, um die Neuverschuldung in Zaum zu halten.

"Wir steuerten damals auf die 100 Milliarden Francs Defizit zu. Das entsprach rund 2,6 Prozent des BIP. Also sagten wir uns: 1 Prozent Defizit wäre zu hart und unerreichbar gewesen. 2 Prozent hätte die Regierung zu stark unter Druck gesetzt. Also kamen wir auf 3 Prozent", sagte Abeille zur Geburtsstunde der berühmt gewordenen Zahl.

Zehn Jahre später, kurz vor Beginn der Maastricht-Konferenz im Dezember 1991 brachte Jean-Claude Trichet, damals Leiter des französischen Schatzamtes und später Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), die 3-Prozent-Regel auf europäischer Ebene ins Gespräch.

Trichet reichte Rechnung für 3 Prozent nach

"Frankreich hatte damit ganz gute Erfahrungen gemacht, die Regel war einfach und für alle verständlich", sagte Trichet der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die von der deutschen Seite vorgebrachte Idee, entsprechend dem Grundgesetz (Artikel 115) eine Neuverschuldung nur in Höhe der Staatsinvestitionen zu erlauben, galt dagegen als undurchführbar. "Dann hätten vielleicht einige Staaten Militär- oder Erziehungsausgaben als Investitionen deklariert", so Trichet.

Trichet reichte damals sogar eine Rechnung für die 3-Prozent-Marke nach: Beim Nominalwachstum wurden 5 Prozent angenommen und die Inflation sollte maximal 2 Prozent betragen. Damit ergab sich, dass die Schulden jährlich um höchstens 3 Prozent steigen dürfen, damit der europäische Schuldenstand von damals um die 60 Prozent nicht weiter steigt.

2013, mehr als zwanzig Jahre später, räumte Trichet allerdings ein, dass man die Defizitgrenze niedriger hätte ansetzen müssen, denn das Wachstum fiel niedriger aus".

pro/ths/mhh

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