26.02.2016 14:50:39
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Börse Frankfurt-News: Bund-Future weiter in luftigen Höhen (Anleihen)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 26. Februar 2016. Deutsche Staatsanleihen bleiben trotz Minizinsen gefragt, Anleger scheuen unverändert jegliches Risiko.
Die Nervosität an den Märkten hat sich etwas gelegt, wirklich Ruhe eingekehrt ist aber noch nicht. Der richtungweisende Euro-Bund-Future kletterte am Mittwoch dieser Woche vorübergehend auf rekordnahe 166,25 Prozent, am Freitagmittag notiert der Index bei 165,97 Punkten. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 0,14 nach 0,20 Prozent vor einer Woche. "Sicherheit bleibt gefragt", kommentiert Arthur Brunner von der ICF Bank.
Laut Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank hängt das auch mit der anhaltenden Diskussion über einen Brexit, also einen Austritt Großbritanniens aus der EU, zusammen.
Mit Spannung erwartet wird unterdessen die nächste EZB-Sitzung am 10. März. "Der höher als erwartete Rückgang des ifo-Geschäftsklimaindex brachte die Spekulation über geldpolitische Lockerungsmaßnahmen der EZB verstärkt ins Spiel", erklärt Tillmann.
Der Commerzbank zufolge stehen die Notenbanker von Seiten der Inflation zunehmend unter Handlungsdruck. "Praktisch alle wichtigen Indikatoren der marktbasierten Inflationserwartungen sind gesunken", erläutert Anleiheanalyst Markus Koch. Wegen der Spekulationen über eine beherzte Reaktion der EZB im März würden die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen voraussichtlich noch weiter sinken, wahrscheinlich bis auf den historischen Tiefstand vom vergangenen Frühjahr. "Dieser Rückgang dürfte sich eher allmählich einstellen."
Portugal-Anleihen im Zick-Zack-Kurs
Portugiesische Staatsanleihen (WKN A0DY6V, A18W15) präsentieren sich zwar fester als vor zwei Wochen, bleiben aber volatil, Klaus Stopp von der Baader Bank spricht von einer Berg-und-Tal-Fahrt. "Ursache der erneuten Schwäche ist der Kurs der linksgerichteten Regierung, die eine Abkehr von den bisherigen Sparanstrengungen vorsieht." Einschnitte bei Löhnen sollen zurückgenommen und Lohnsteuern gesenkt werden, Steuern auf Benzin und Tabak dagegen steigen. "Die Nettoneuverschuldung soll dennoch von 4,3 Prozent des BIP 2015 auf 2,2 Prozent 2016 sinken." Am Kapitalmarkt traue man diesen Zielen aber nicht so recht. "Die Kursverläufe sind ein eindeutiges Indiz fehlender Zuversicht der Investoren, die jeden Tag aufs Neue ihre Engagements überdenken."
Allerdings lag der Zins für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen vor zwei Wochen noch bei 4,5 Prozent, jetzt sind es nur noch 3,18 Prozent, wie Brunner betont. Der Händler berichtet auch von einer neuen zehnjährigen Staatsanleihe Portugals mit Kupon von 3,3 Prozent (ISIN PTIGCA0M0018), die nächste Woche in den Handel aufgenommen wird. Spanische Anleihen kommen unterdessen gut an. Gerade Privatanleger setzen Brunner zufolge gerne auf langlaufende spanische Papiere, etwa einen bis 2030 laufenden Bond (WKN A1ZXQ6) mit Kupon von 1,95 Prozent.
Unternehmensanleihen: Suche nach Schnäppchen
Im Handel mit Unternehmensanleihen nutzten Investoren die niedrigeren Kurse und kauften VW-Hybridanleihen, wie Brunner beobachtet hat. Auch in Daimler-Papieren (WKN A169G1) positionierten sie sich. "Die vor einer Woche aufkommenden Gerüchte über Abgasmanipulationen in den USA haben sich offenbar nicht bestätigt", bemerkt Brunner.
Deutlich nach unten ging es am gestrigen Donnerstag für Pharol (WKN A1UB78), der früheren Portugal Telecom, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft berichtet: Von 98,25 Prozent am Mittwoch rutschte das Papier auf 81,50 am Donnerstag ab, heute sind es sogar nur noch 79 Prozent. Grund ist das Scheitern der Fusion der hoch verschuldeten brasilianischen Telefongesellschaft Oi mit TIM Brasil, dem zweitgrößten Mobilfunker des Landes. Pharol ist Großaktionär von Oi.
Zugegriffen wird Daniel zufolge bei Anleihen von Vonovia (WKN A1ZY97), Deutsche Wohnen (WKN A161MH), VW (WKN A1GY7M) und Daimler (WKN A1TNJ9), abgegeben werden hingegen Papiere der Aareal Bank (A1TNC9).
Mittelstandsanleihen: Es wird wieder differenziert
Bei Mittelstandanleihen, die mit der hohen Risikoaversion der vergangenen Wochen zum Teil heftig Federn gelassen hatten, ist laut Brunner etwas Ruhe eingekehrt. Anleihen des Anbieters für mobile Konsumentenkredite Ferratum (WKN A1X3VZ) notieren wieder bei 106,5 Prozent, die des Immobilienentwicklers Lang & Cie (WKN A161YX) wieder knapp unter 100 Prozent.
Sorgenkind ist einmal mehr Air Berlin, die bis 2018 laufende Anleihe (WKN AB100B) notierte vor einer Woche noch bei 95 Prozent, aktuell sind es 85 Prozent. Hintergrund ist die Meldung, dass die Großaktionäre von Air Berlin erwägen, die angeschlagene Airline von der Börse zu nehmen, Großinvestor Etihad erhoffe sich davon mehr Spielraum bei der Sanierung.
Etwas, aber nicht ganz erholen von den jüngsten Kurseinbrüchen konnten sich Anleihen der Reederei Rickmers (WKN A1TNA3) und des Agrarkonzerns KTG Agrar (WKN A1H3VN), beiden notierten bis vor wenigen Wochen noch konstant um 100 Prozent. Aktuell sind es 59 nach im Tief 46 Prozent bei Rickmers und knapp 86 nach im Tief unter 68 Prozent bei KTG Agrar (WKN A1H3VN). "Eine Geschichte dahinter gibt es nicht", bemerkt Rainer Petz von Oddo Seydler. "Das sind extrem nervöse Kursbewegungen."
Am Devisenmarkt ist der mögliche Brexit derzeit das Topthema, gegenüber dem US-Dollar ist das britische Pfund diese Woche auf ein Siebenjahrestief gefallen. Größere Umsätze in Pfund-Anleihen haben die Händler allerdings nicht beobachtet. Gekauft werden bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft auf US-Dollar lautende General Electric-Anleihen (WKN A1ZFMF).
Neues von Bahn und Roche
Neuemissionen gab es zuletzt von der Deutschen Bahn und dem Pharmakonzern Roche, wie Stopp berichtet. Die Deutsche Bahn-Anleihe (WKN A18YCK) bietet 0,75 Prozent im Jahr bis zum Laufzeitende im März 2026, Roche (WKN A18X7C) 0,5 Prozent im Jahr bis Februar 2023. Beide sind privatanlegerfreundlich mit einer Mindestanlagesumme von 1.000 Euro.
von: Anna-Maria Borse
© 26. Februar 2016 - Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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