23.07.2025 10:51:00

Diskussion um Teilzeit-Arbeit: Viele Ideen, aber kaum Konkretes

In der sommerlichen Diskussion um die Teilzeitbeschäftigung gibt es bis dato viele Ideen, an konkreten Vorschlägen mangelt es aber. Nachdem zuletzt in der ÖVP und von Arbeitgebervertretern Gedanken ventiliert wurden, Vollzeit steuerlich attraktiver zu gestalten, warnte am Mittwoch Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) vor einem Schlechtreden der Teilzeitarbeit. Diese habe viele Frauen in Beschäftigung gebracht und zur wirtschaftlichen Absicherung dieser geführt.

Woran es oft mangle, sei die Möglichkeit für teilzeitbeschäftigte Frauen, länger als die im Schnitt 21 Stunden pro Woche zu arbeiten. In den skandinavischen Ländern, würde bei Teilzeit hingegen überwiegend 25 bis 30 Stunden gearbeitet. "Wenn man dann die Teilzeitbeschäftigten fragt, wie lange sie gerne arbeiten würden, wenn sie es sich aussuchen könnten, dann sagen sie 30 Stunden", so der Minister zum "Kurier".

Junge wollen Arbeitszeit besser verteilen

Sein Fazit: "Wir brauchen die Arbeitgeber, die bessere Teilzeitjobs anbieten. In einer Kombination mit dem Hinweis, dass unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung, Pflege, Hausarbeit etc. zwischen den Geschlechtern besser verteilt wird." Dass eine Generation heranwachse, die Arbeit nicht so freue, sieht Marterbauer "überhaupt nicht". "Vielleicht wächst eine Generation heran, die die bezahlte Arbeitszeit innerhalb der Familie besser verteilen will", meinte er.

In diese Kerbe schlug gestern auch die Volkshilfe, die von einer "gefährlichen Schuldumkehr" sprach. "Statt auf die realen Ursachen zu blicken, wird der falsche Eindruck erweckt, Menschen würden sich bewusst gegen ein 'Vollzeit-Engagement' entscheiden, um der Republik zu schaden. Das ist Unsinn und führt die Debatte an den echten Problemen vorbei", warnte deren Direktor Erich Fenninger. SPÖ-Niederösterreich-Vorsitzender Sven Hergovich betonte: "Wer das Thema Arbeit wirklich angehen will, muss Probleme lösen - nicht Menschen beschimpfen." ÖGB Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth meinte: "Wer Teilzeit als 'Luxus' oder mangelnden Leistungswillen darstellt, ignoriert die Fakten. Teilzeit ist kein Wunschkonzert, sondern oft eine Notwendigkeit - gerade für Frauen."

Arbeitgeber wollen Bonus für Vollzeit

Walter Veit, der Präsident der privaten Hotelvereinigung, hingegen beharrt auf einer Steuerbegünstigung von Vollzeitkräften. Er ist damit ganz auf Linie anderer Arbeitgebervertreter wie dem Wirtschaftsbund und der Industriellenvereinigung (IV). "Österreich begünstigt Teilzeitarbeit und lässt all jene, die bereit sind, mehr zu arbeiten, als sie müssten, im Regen stehen. Es braucht daher dringend Maßnahmen, wie einen Vollzeitbonus", so Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Wirtschaftssprecher Kurt Egger.

Von der IV hieß es: "Wenn immer mehr Menschen Teilzeit arbeiten, aber Sachleistungen der Sozialversicherung, vor allem Gesundheitsleistungen, wie Vollzeitbeschäftigte beziehen, geht sich das auf Dauer nicht aus", so Generalsekretär Christoph Neumayer. Unterstützung kommt von Nico Marchetti, Generalsekretär der ÖVP: "Wir müssen jene belohnen, die mit Überstunden deutlich mehr leisten, als sie müssten." Dem konterte die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter in Form des Vorsitzenden Josef Muchitsch: "Wer derzeit ein Comeback von Leistung fordert, sollte zuersthinschauen, wer in Österreich schon längst weit mehr leistet, als er oder sie muss. Wer mehr Leistung will, muss sie auch bezahlen. Beginnen wir damit, dass 42 Millionen unbezahlte Mehr- und Überstunden den Beschäftigten endlich bezahlt werden.

FPÖ: ÖVP-Vorschläge "realitätsfremd"

Für die FPÖ führt die Regierung ohnehin eine Scheindebatte. Wirtschaftssprecherin Barbara Kolm meinte in Richtung von ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, dessen Aussagen zur Teilzeit seien "sozialpopulistisch und wirtschaftlich realitätsfremd". "Was wir brauchen, ist nicht bevormundende Lenkung und staatlicher Druck auf Arbeitnehmer, sondern Entlastung, Leistungsanreize, ein faires und einfaches Steuersystem", meinte sie. Und auch von den Grünen kommt Widerstand gegen eine Benachteiligung der Teilzeitarbeit, die NEOS wiederum gaben sich bisher zurückhaltend.

Hattmannsdorfer hatte vergangenen Samstag die Diskussion um den hohen Teilzeitgrad in Österreich angestoßen. Konkrete Vorschläge hat der Minister noch nicht vorgelegt, vielmehr gehen die Meinungen in der Bundesregierung noch deutlich auseinander. Gestern meinte der Wirtschaftsminister, er will in einem ersten Schritt nun Aufklärungsarbeit leisten. Wer über längeren Zeitraum seine Arbeitszeit deutlich reduziert, solle über die negativen Auswirkungen auf seine Pensionshöhe in Kenntnis gesetzt werden - zum Beispiel per E-Mail oder Brief, so Hattmannsdorfer. Sein Credo der vergangenen Tage: "Im Teilzeitmodus werden wir den Wohlstand nicht halten können."

stf/hel

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