04.06.2025 20:33:00

Alterung: Sozialpartner plädieren für Mobilisierung am Arbeitsmarkt

Der demografische Wandel und seine Folgen für den Arbeitsmarkt sind am Mittwochnachmittag in den Fokus einer Podiumsdiskussion des Wifo-Instituts gerückt. Im Vordergrund stand dabei die Frage, welche Lösungen die Politik liefern und welche Rolle die Sozialpartner darin einnehmen können. Einig waren sich deren Repräsentanten darin, dass der Schlüssel in der Qualifizierung und Mobilisierung von Arbeitskräften liegt - selbst wenn die Zugänge auseinanderklaffen.

Wifo-Arbeitsmarktökonomin Ulrike Huemer skizzierte eingangs die mannigfaltigen Herausforderungen, die der demografische Wandel und andere strukturelle Veränderungen für den Arbeitsmarkt bereithalten. Sie verwies auf eine Modellrechnung des Wirtschaftsforschungsinstituts, wonach das Arbeitskräfteangebot in Österreich zwar bis 2030 wachsen, ab dann aber voraussichtlich für ein Jahrzehnt stagnieren wird. Auf der anderen Seite bahnen sich technologische Innovationen einschließlich Künstlicher Intelligenz (KI) den Weg und verändern Strukturen in der Arbeitswelt grundlegend. Die Folge: Fachkräftesicherung und Re-Qualifizierung werden zur Daueraufgabe, die politische Gestaltung erfordert.

Teiber: Aktive Arbeitsmarktpolitik gefragt

Aus Sicht der GPA-Vorsitzenden Barbara Teiber ist als Antwort auf die Veränderungen vor allem aktive Arbeitsmarktpolitik gefragt. Wenn Arbeitsplätze verschwinden, müsse man umschulen - wichtig sei außerdem, dass bestehende Erwerbspotenziale tatsächlich ausgeschöpft werden. Insbesondere bei Zugezogenen liege "Potenzial brach", wobei hier nicht nur die Förderung von Deutschkenntnissen, sondern auch ausreichend finanzielle Mittel für Qualifikationsmaßnahmen bereitgestellt werden müssten. Als positives Beispiel nannten sie die AMS-Jugendcolleges, wo Migrantinnen und Migranten neben der Sprache auch Kompetenzen für den Arbeitsmarkt erlernen könnten.

Kopf: Brauchen qualifizierte Zuwanderung

Ex-WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf wiederum hob die Bedeutung qualifizierter Zuwanderung hervor, die er als Teil eines Bündels von "sinnvollen Instrumenten" - darunter auch von Teiber genannte - zur Bekämpfung der demografischen Herausforderungen beschrieb. Denn es reiche nicht, bereits vorhandene Erwerbspotenziale zu mobilisieren, man müsse sich auch aktiv um fähige Arbeitskräfte im Ausland umsehen. Parallel dazu gelte es, Kinderbetreuungsmaßnahmen auszubauen und "teure Schüsse in die falsche Richtung" - der ehemalige ÖVP-Parlamentarier meinte damit das mittlerweile abgeschaffte Bildungskarenz-Modell - zu vermeiden.

Felbermayr: Fachkräfte in Europa suchen

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr warf in die Diskussion ein, dass gerade der europäische Binnenmarkt noch großes Potenzial für Fachkräfte biete. Man sollte also nicht nur in Drittstaaten blicken, wie dies bei der Rot-Weiß-Rot-Karte geschieht, sondern auch auf das unmittelbare Umfeld. Das österreichische Ausbildungssystem für Lehrlinge wiederum pries der Ökonom als "Erfolgsgeschichte", dessen dualen Grundgedanken man angesichts der alternden Bevölkerung als Modell für "lebenslanges Lernen" andenken könnte.

Uneins waren sich Teiber und Kopf naturgemäß in Bezug auf das Thema Arbeitszeit. Kopf beklagte, dass zwar immer mehr Personen am Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden, gleichermaßen aber pro Person weniger Arbeitsstunden geleistet würden. Das verschärfe das demografische Problem zusätzlich. Er plädierte dafür, steuerliche Anreize für Personen zu schaffen, die mehr Arbeitsstunden leisten wollen. Teiber hielt dem entgegen, dass für Personen, die mehr Arbeit wollen, das Angebot von Arbeitgeberseite oft gar nicht bestehe. Den Vorschlag für steuerliche Anreize auf Überstunden könne sie nicht nachvollziehen, zumal mehr Arbeit auf Dauer tendenziell krank mache. Betroffene Personen würden dem Arbeitsmarkt dann erst recht nicht zur Verfügung stehen, mehr Arbeit könne daher keine Lösung sein, argumentierte die Gewerkschafterin und SPÖ-Nationalratsabgeordnete.

Fragen rund um Künstliche Intelligenz

Offene Fragen orten sowohl Teiber als auch Kopf in puncto Künstlicher Intelligenz und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Zwar sehe sie, dass in manchen Branchen durch KI-Einsatz Jobs verloren gehen, so Teiber, andernorts aber welche geschaffen werden - wie dies auch bei der Digitalisierung der Fall gewesen sei. Für sie sei die Entwicklung daher schwer abzuschätzen. In eine ähnliche Kerbe schlug Kopf, der sich allerdings überzeugt zeigte, dass KI der Wirtschaft letztlich zu Produktivitätszuwächsen verhelfen wird.

tpo/wim

WEB https://www.wifo.ac.at/ https://www.wko.at/oe/news/pressestelle-wkoe

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