31.10.2023 10:24:40
|
Habeck: Können uns kein Zögern bei Industriestrategie mehr leisten
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Kritik von Ökonomen zurückgewiesen, er wolle mit seiner neuen Industriestrategie den gegenwärtigen Zustand lediglich konservieren, und eine schnelle Umsetzung von Maßnahmen zugesagt. "Ich bin natürlich für Wettbewerb, für Veränderung", sagte Habeck bei einer Industriekonferenz seines Ministeriums mit Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften. Man könne sich politisch nicht gegen einen Strukturwandel stellen, jedoch gebe es derzeit "keinen Strukturwandel aus sich selbst heraus" - vielmehr werde er immer noch ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die abrupte Veränderung in der Energiepolitik. "Putin wiederum soll nicht über die Struktur der deutschen Industrie entscheiden, das kann nicht richtig sein", warnte Habeck.
Der Bundeswirtschaftsminister hatte vor einer Woche seine allgemeine "strategische Industriestrategie" vorgestellt, in der er den Erhalt des Industriestandorts Deutschland in seiner ganzen Vielfalt auch mit staatlicher Unterstützung propagiert. "Die Art, wie wir produzieren, wird sich und muss sich ändern, weil wir auf dem Weg zu einer dekarbonisierten Gesellschaft eine dekarbonisierte Industrie brauchen", sagte Habeck bei der Konferenz. Fast alle großen Wirtschaftsräume bemühten sich, diesen Wettlauf ebenfalls aufzunehmen. "Wir können uns kein Zögern und keinen Zeitverlust mehr leisten", betonte er.
Habeck verteidigte deshalb auch seine Forderung nach einem Brückenstrompreis für die energieintensive Industrie, wollte allerdings keine Prognose über eine baldige Einigung darauf in der Koalition machen. "Vielleicht schaffen die Haushaltsberatungen noch einmal eine gewisse Klarheit", hoffte er. "Aber versprechen kann ich nichts." Die Chancen ständen weiter bei 50 zu 50.
Die Industrie stehe "voll hinter dem Bekenntnis des Wirtschafts- und Klimaschutzministers in der neuen Industriestrategie", betonte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Dieses Bekenntnis zur Industrie sei überfällig gewesen. "Die Antwort kann und darf nicht Protektion heißen", hob er hervor. Vielmehr müsse die Wirtschaft an der eigenen Wettbewerbsfähigkeit arbeiten. "Nun müssen rasch die wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen aus der Strategie gezogen werden", forderte der BDI-Präsident. Dabei gehe es um Rahmensetzungen, nicht um kleinteilige Regulierung. Dringenden Handlungsbedarf sah Russwurm bei Energiepolitik, Planungsbeschleunigung und öffentlicher Beschaffung für grüne Leitmärkte. Man müsse dafür "von Konzepten und Strategien in den Umsetzungsmodus kommen und dabei Fahrt aufnehmen."
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/apo
(END) Dow Jones Newswires
October 31, 2023 05:25 ET (09:25 GMT)

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!