16.12.2025 14:28:00

Nationalrat-Sondersitzung: Senkung der Elektrizitätsabgabe fixiert

--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu: Neufassung nach Ende der Debatte mit Statements der Regierungsspitzen (Absätze 1-4 und 7-8, Titel) ---------------------------------------------------------------------

In einer Sondersitzung am Dienstag hat der Nationalrat die Senkung der Elektrizitätsabgabe beschlossen. Sie wird im Kalenderjahr 2026 von derzeit 1,5 Cent je Kilowattstunde (kWh) auf 0,82 Cent reduziert. Für private Haushalte ist ein Satz von 0,1 Cent je kWh vorgesehen. Mit Ende 2026 läuft die Maßnahme wieder aus. Das von SPÖ, ÖVP und NEOS eingebrachte Vorhaben unterstützten auch die Grünen. Kritik kam von den Freiheitlichen, die ihre Zustimmung verweigerten.

Die Maßnahme sei ein Baustein, um die Inflation zu senken, sagte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) im Plenum. Schließlich hemme der hohe Strompreis das Wirtschaftswachstum, schwäche die Wettbewerbsfähigkeit und sei einer der Haupttreiber der Teuerung. Selbst wenn die Entlastung klein sei, "ist es trotzdem der richtige Schritt", verwehrte sich der Kanzler gegen Kritik. Er betonte, dass die Regierung in diesem Bereich ein Bündel an Maßnahmen umsetze - neben der Senkung der Elektrizitätsabgabe nannte er das kürzlich beschlossene "Billigstromgesetz" und den Industriestrom-Bonus. Der FPÖ warf er vor, weiterhin Gas aus Russland importieren und damit von Moskau abhängig bleiben zu wollen.

Babler: Regierung nimmt Sorgen ernst

Die Regierung zeige, dass sie liefert und die Sorgen der Menschen ernst nimmt, so Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Die Senkung der Elektrizitätsabgabe sei ein "schnell wirksamer Schritt". Die Senkung im Ausmaß von 50 Euro im Jahr bzw. fünf Prozent wollte sich auch SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer "nicht kleinreden lassen". Eine Senkung der Elektrizitätsabgabe hätten im Übrigen auch die Freiheitlichen vergangene Woche gefordert, so NEOS-Klubobmann Yannick Shetty: "Schade, dass Sie dagegen sind, Herr Kickl."

NEOS-Chefin und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger grenzte sich von der schwarz-grünen Vorgängerregierung ab. Diese habe gedacht, alles mit Steuergeld und Förderungen lösen zu können, kritisierte sie vor allem in Richtung der Grünen. Die schwarz-rot-pinke Koalition setze hingegen strukturelle Maßnahmen wie das "Günstiger-Strom-Gesetz" um und sorge für Gegenfinanzierung.

Kickl spricht von "Mogelpackung"

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sah in dem Ausmaß der Senkung der Elektrizitätsabgabe eine "Mogelpackung", die die "Verlierer-Ampel" in dieser "vorweihnachtlichen Sondersitzung" präsentiert. Stocker geriere sich dabei als "Polit-Weihnachtsmann". Für diese "wundersame Verwandlung" Stockers macht Kickl die Umfragewerte verantwortlich, die sich für die Regierungsparteien "im freien Fall" befänden. Dabei werde die Bevölkerung - wie bereits in der Woche davor - "hinters Licht geführt", als die Regierung das sogenannte "Billigstromgesetz" präsentierte. Und auch die heutige "Entlastung" müsse man "mit der Lupe suchen", handle es sich doch um "ein Placebo und nicht um einen Befreiungsschlag". "Die Verlierer-Ampel beschenkt den durchschnittlichen Haushalt mit sage und schreibe vier Euro pro Monat, und das Ganze auf ein Jahr begrenzt, denn im Jänner des nächsten Jahres löst sich das in Luft auf", kritisierte Kickl. Und damit die Regierung so "gönnerhaft" sein könne, greife sie auf die Dividenden des Verbunds zu, mit dem "Beigeschmack", dass die "roten und schwarzen Energiekonzerne in den Ländern, die massive Gewinne gemacht haben", nun neuerlich ein Packerl unter dem Christbaum erhielten.

Grünen-Abgeordneter Jakob Schwarz unterstützte die Maßnahme der Regierungsparteien: "Diese Maßnahme heute senkt tatsächlich die Preise. Das ist eine gute Nachricht für die Menschen und auch die Betriebe." Die Strompreise seien zu hoch, was ein Problem für Haushalte, für Industrie und auch für den Klimaschutz sei. Vergangene Woche habe die Regierung das sogenannte "Billigstromgesetz" als "Nebelgranate" missbraucht.

Regierung drängt auf Ende von Merit-Order-Prinzip

Im Vorfeld der Sondersitzung hatte die Regierung einen Brief an die EU-Kommission angekündigt, indem ein Ende des Merit-Order-Prinzips am Strommarkt gefordert werden soll. Noch immer würden nämlich fossile Energieträger den Marktpreis bestimmen, kritisierte Stocker. Von der hierzulande günstiger produzierten erneuerbaren Energie könnten die Österreicherinnen und Österreicher daher nicht ausreichend profitieren, bemängelte Meinl-Reisinger.

In dem Brief nach Brüssel wolle man "auf die besonderen Umstände und Herausforderungen des gemeinsamen Strommarktes aufmerksam machen und auch konkrete Vorschläge unterbreiten", führte Stocker aus. Babler bezeichnete das Merit-Order-Prinzip unterdessen als ein "irrsinniges Prinzip". Weil man sich nicht allein auf die Geschwindigkeit der EU verlassen könne, setze man jetzt nationale Maßnahmen um. Laut Meinl-Reisinger wird man bei der EU-Kommission auch für einen "solidarischen Ausgleich" bei den Netzkosten eintreten. Österreich sei als Transitland für Strom überproportional von steigenden Netzausbaukosten betroffen.

Beim Merit-Order-Prinzip wird der Strompreis immer von der Anlage bestimmt, die zur Deckung des Strombedarfs notwendig ist. Das hat im Zuge der Energiekrise in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der teuer produzierte Strom aus Gaskraftwerken den gesamten Strompreis in die Höhe getrieben hat. Das Merit-Order-Prinzip wurde in dem Kontext auch bereits auf europäischer Ebene in Frage gestellt - am Ende aber beibehalten.

Wirtschaft will weitere Maßnahmen

Kosten soll das gesamte Vorhaben der Senkung der Elektrizitätsabgabe rund eine halbe Milliarde Euro. Das Geld soll aus staatsnahen Betrieben kommen, konkret 200 Mio. Euro vom Verbund, 200 Mio. Euro von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und 100 Mio. Euro aus einem noch nicht an den Bund ausgeschütteten Bilanzgewinn aus Dividendenerträgen der Staatsholding ÖBAG.

Unternehmensvertreter loben die geplante Senkung der Elektrizitätsabgabe, forderten aber zugleich weitere Schritte ein. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) spricht sich für eine Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 aus. Aktuell sei diese Maßnahme, die besonders energieintensiven Betrieben zugute kommt, bis Ende 2026 befristet. In ein ähnliches Horn bläst die Industriellenvereinigung (IV). "Vor dem Hintergrund der angespannten budgetären Situation wären stärker fokussierte Maßnahmen vorzuziehen", wird IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung zitiert. Österreichs E-Wirtschaft begrüßt die rasche Senkung der Stromkosten, bemängelt aber das "rigide zeitliche Ablaufdatum" mit Ende 2026. Strom könnte Anfang 2027 wieder inflationstreibend wirken, wenn die Maßnahme ausläuft.

iga/wim/spo/ivn

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