Restrukturierung 29.11.2023 13:56:00

SIGNA-Aktie: René Benkos SIGNA Holding reicht Insolvenzantrag ein

SIGNA-Aktie: René Benkos SIGNA Holding reicht Insolvenzantrag ein

Das teilte das Unternehmen SIGNA am Vormittag in einer Aussendung mit. Beantragt werde ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Ziel sei eine "geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs" und eine Restrukturierung des Unternehmens. Der Konzern war durch die hohen Zinsen und Baukosten in Schieflage geraten.

"Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", hieß es in der Pressemitteilung. Gemeinsam mit dem vom Gericht zu bestellenden Insolvenzverwalter sollen die Verbindlichkeiten neu geordnet und der Wert der Beteiligungen erhalten werden.

Geldgeber erwägen Strafanzeigen gegen Benko

Unter Investoren und Gesellschaftern steigt nach Informationen des deutschen "Spiegel" der Groll gegen den Tiroler SIGNA-Gründer René Benko. Erste Geldgeber würden Strafanzeigen gegen den Milliardär erwägen. Es sei "nicht verständlich, was passiert ist", sagte demnach ein Investor. Man sehe "Zeichen für eine Insolvenzverschleppung", denn die Probleme hätten sich bereits im Sommer abgezeichnet. Von Benko gab es gegenüber dem Nachrichtenmagazin keinen Kommentar.

Laut "Spiegel" droht auch jenen Gesellschaftern Ungemach, die zuletzt Immobilien von Benko erworben haben. Schlittern in Folge der Holding-Insolvenz auch die Immobilientöchter SIGNA Prime und SIGNA Development in die Insolvenz und mit ihr Unterfirmen, mit denen Verkaufsdeals geschlossen wurden, könnten Insolvenzverwalter solche Verkäufe möglicherweise rückabwickeln. "Dann sind die Käufer ihr Geld los, aber die Immobilien müssen sie wieder hergeben", heißt es demnach aus Benkos Umfeld. Sie müssten sich dann wie andere Gläubiger auch ihr Geld aus der Insolvenzmasse wiederholen.

Das Magazin verweist in diesem Zusammenhang auf den milliardenschweren Spediteur Klaus-Michael Kühne, der der SIGNA Development das Berliner Hochhausprojekt BEAM abgekauft hat. Die RAG Stiftung, die sich um die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaus kümmern soll und wie Kühne ein Gesellschafter der SIGNA Prime ist, hat gerade noch von einer Prime-Tochter ein Viertel der Prunk-Shoppingmeile "Goldenes Quartier" in der Wiener Innenstadt übernommen.

KSV: "Notbremse" nach "Wochen des Schweigens"

Mit dem Insolvenzantrag hat die SIGNA Holding laut Kreditschutzverband von 1870 (KSV) die "Notbremse" gezogen. "Nach Wochen des Schweigens der Unternehmensleitung und der damit verbundenen Ungewissheit bei den Gläubigern, Investoren und anderen Stakeholdern hat nunmehr die SIGNA Holding GmbH die Notbremse gezogen und den Weg zum Insolvenzgericht eingeschlagen", erklärte der KSV am Dienstag nach dem das Unternehmen ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragt hat.

Eine der wesentlichen Aufgaben des vom Handelsgericht Wien noch zu bestellenden Insolvenzverwalters sei nun die Prüfung der Werthaltigkeit der direkten Beteiligungen der SIGNA Holding GmbH. "Aufgrund der Tatsache, dass die direkten Beteiligungen der SIGNA Holding GmbH wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten, ist das eine Herkulesaufgabe", so der KSV.

Mit dem Insolvenzantrag habe die SIGNA Holding die Konsequenzen gezogen, nachdem die Bemühungen um zusätzliche Investorengelder zur außergerichtlichen Sanierung gescheitert seien, so der KSV. Die gesetzliche Mindestquote für ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beträgt 30 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Das heißt ein Gläubiger bekommt, sollte die Sanierung gelingen, mindestens 30 Prozent seiner Forderung.

Der KSV weist daraufhin, dass ihm der Insolvenzantrag noch nicht vorliege und deshalb noch keine näheren Angaben zur konkreten Formulierung des Zahlungsvorschlages gemacht werden können.

Die "SIGNA-Gruppe", die offiziell keine Gruppe ist und viel Energie in die Vermeidung der Konsolidierungspflicht gesteckt hat, besteht, wie der KSV erinnert, aus mehreren hundert Gesellschaften in verschiedenen Ländern, "wobei die wechselseitigen Beteiligungen sich äußerst komplex darstellen".

In Österreich ist die insolvente SIGNA Holding GmbH direkt an 36 Kapitalgesellschaften im unterschiedlichen Ausmaß beteiligt. Durch die komplexen Eigentums- und Stiftungskonstruktionen sei die mittelbare oder gegebenenfalls unmittelbare Möglichkeit der Einflussnahme auf einzelne Gesellschaften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilbar. Insgesamt stehen rund 390 österreichische Unternehmen in Zusammenhang mit SIGNA, wobei es sich großteils um Projektgesellschaften handle.

Da es in Österreich kein Konzerninsolvenzrecht gibt, bedeute die bevorstehende Eröffnung des Insolvenzverfahrens der SIGNA Holding GmbH nicht, dass über die Tochtergesellschaften automatisch ebenfalls Insolvenzverfahren zu eröffnen sein werden. "Bei jeder Gesellschaft gilt es separat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. Hier steht auch die Geschäftsführung dieser Gesellschaften in der Pflicht, da Haftungsfolgen drohen, wenn Insolvenzanträge verspätet gestellt werden", so der KSV.

"Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der 'SIGNA-Gruppe' einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommen wird", sagte Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim KSV1870.

Aus Sicht des KSV hat die SIGNA-Gruppe in den vergangenen Monaten "durch die sehr eingeschränkte Kommunikation nach außen massiv an Vertrauen eingebüßt". Der KSV1870 wisse aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass fehlendes Vertrauen in ein Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten mögliche Geldgeber abschrecke.

Regierungsspitze sieht "Fall des Insolvenzrechts"

Die Regierungsspitze hält den Fall der SIGNA für eine reine Wirtschaftsangelegenheit: "Ich sehe kein Politikum, das ist ein Fall des Insolvenzrechts", meinte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach dem Ministerrat. Wichtig werde sein, dass die Finanzsituation stabil bleibe, betonte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Diesbezüglich sehe es einmal gut aus, nachdem was er lese und höre.

Einen Schaden für den Standort sehen die beiden nicht. Insolvenzen gehörten mit zum Wirtschaftsleben, sagte Nehammer. Österreich bleibe ein sehr beliebter Investitionsstandort. Kogler ergänzte, dass die SIGNA auch in Deutschland sehr viele Aktivitäten entfaltet habe.

Insolvenz vorerst ohne Folgen für deutsche Galeria

Beim deutschen Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof haben sich Unternehmenskreise am Mittwoch zunächst zurückhaltend zur Insolvenz der österreichischen SIGNA Holding GmbH geäußert. "Die Situation hat im Moment nicht unmittelbar negative Auswirkungen auf Galeria. Wir werden den Ausgang dieses geordneten Verfahrens in Ruhe abwarten", hieß es. Jürgen Ettl, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Galeria, wollte sich auf Anfrage erst einmal nicht zu dem Thema äußern.

Die SIGNA Holding GmbH des österreichischen Immobilien- und Handelsunternehmers René Benko hat an diesem Mittwoch ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Holding werde beim Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung beantragen, teilte die SIGNA-Gruppe mit.

Die Immobilien- und Handelsgruppe der SIGNA besteht aus einem komplexen Firmengeflecht mit mehreren hundert Einzelfirmen. Dazu zählt auch Galeria Karstadt Kaufhof. Die Schieflage von SIGNA könnte sich daher womöglich auch negativ auf den finanziell angeschlagenen Warenhauskonzern auswirken.

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte Ende 2022 zum zweiten Mal Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März 2023 hatte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zugestimmt und den Weg für die Sanierung frei gemacht. SIGNA hatte dafür 200 Mio. Euro zugesagt. Die ersten 50 Mio. Euro sollen dem Vernehmen nach im Februar fließen.

Der rechtskräftige Sanierungsplan sah die Schließung von rund einem Drittel der 129 Filialen vor. Ein Teil der Standorte wurde in diesem Jahr bereits geschlossen, knapp 20 weitere schließen ihre Türen im Jänner 2024. Betroffen sind unter anderem Filialen in Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Heidelberg, Stuttgart und Wuppertal. Nach Unternehmensangaben bleiben am Ende noch 92 Filialen übrig.

SIGNA-Passiva bei 5 Mrd. Euro

Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung über die SIGNA Holding GmbH ist am Mittwochabend in Wien beim Handelsgericht eröffnet worden, berichteten die Gläubigerschutzverbände AKV und KSV. Laut AKV sind 42 Dienstnehmer und 273 Gläubiger betroffen. Die Gesamtverbindlichkeiten liegen demnach bei 5 Mrd. Euro. Laut Antrag verfügt die Schuldnerin über Aktiva mit einem Buchwert von rund 2,77 Mrd. Euro.

Als sogenannter Liquidationswert werden jedoch laut AKV lediglich rund 314 Mio. angesetzt. Zum Masseverwalter wurde Christof Stapf bestellt.

APA

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