08.06.2015 13:57:00
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Reflation = Rentencrash in Euroland?
Drei Monate nach Beginn des Anleihekaufprogramms scheint die Rechnung der EZB aufzugehen: Es häufen sich Anzeichen dafür, dass mehr Kredite in der Eurozone vergeben werden und die meisten Konjunkturindikatoren machen Mut. Ist es mit den EZBPlänen vereinbar, dass nun auch die Renditen wieder steigen?
Die Renditesprünge der vergangenen Tage und Wochen deuten an, dass die Rentenmärkte Deflationssorgen abschütteln und beginnen, an eine Wiederbelebung der Inflation in Euroland zu glauben. Die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung ist zwar noch nicht gesichert. Wenn sich die derzeitigen Wachstums- und Inflationsprognosen aber als treffend erweisen, dürften die Renditen von EWU-Staatsanleihen bis 2016 weiter steigen.
Drei Monate hatten wir nun Zeit, uns an das Ankaufprogramm der EZB zu gewöhnen. An den Märkten kam diese Phase einer Achterbahnfahrt gleich. Am Anfang standen die Zweifel: Zweifel, ob die EZB ihre selbst gesetzten Regeln einhalten kann, ob es genug „Material“ und verkaufswillige Investoren gibt, ob negative Renditen zu Chaos führen, ob einzelne Investoren aus der Bahn geworfen werden, inwieweit der Ankauf von Anleihen mit negative Renditen zu Verlusten der EZB und der nationalen Zentralbanken führen, und ob die EZB tatsächlich bis September 2016 mit den Käufen durchhält. Die wichtigste Frage war und ist allerdings, ob das EZBProgramm ökonomischen Erfolg hat.
Die meisten technischen Fragen kann man heute als geklärt ansehen: Ja, die EZB ist in der Lage, ihr Programm ohne große Schwierigkeiten durchzuziehen. Der Markt ist trotz zeitweise negativer Renditen vieler Bundesanleihen nicht im Chaos versunken, und Ausfälle von Marktteilnehmern sind uns bisher nicht bekannt. Auch hat sich erwiesen, dass genug Material für das Programm vorhanden ist, seit dem jüngsten Renditeanstieg sogar wieder mehr, das die EZB nach ihren selbst gesetzten Regeln kaufen kann.
Dass sich die Renditen von EWU-Staatsanleihen seit Mitte April trotz des vorübergehend erhöhten Ankaufvolumens der EZB in relativ kurzer Zeit weit von ihren Tiefstständen entfernt haben, lässt vermuten, dass mehr und mehr Marktteilnehmer an einen finalen Erfolg des Programms glauben, also an die (zumindest moderate) Reflationierung der Eurozone. Und dass sich Mario Draghi von diesem Renditeanstieg unbeeindruckt gezeigt hat, deutet an, dass er Null-Renditen nicht als entscheidendes Erfolgskriterium für das EZB-Programm ansieht.

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