07.02.2024 16:05:00

EU-Lieferkettengesetz - Austro-Abstimmungsverhalten weiter offen

--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu: Titel, Kocher-Position weiter offen (Lead), Chef von Getränkefirma für scharfes EU-Lieferkettengesetz und IV (6. Abs.), Kürzungen ---------------------------------------------------------------------

Dass nach wie vor unklar ist, ob Österreich dem EU-Lieferkettengesetz am Freitag zustimmt, wird zum Reibepunkt in der Regierung. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), dessen Position am Mittwoch weiter offen blieb, solle "endlich Farbe bekennen und sich zu diesem wichtigen europäischen Vorhaben erklären", erwartete Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Mittwoch eine Zustimmung. Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer (ÖVP) sagte hingegen "zurück an den Start" fürs Vorhaben.

"Wir können es uns nicht leisten, auf altes Denken zu hören, das fadenscheinige Gründe sucht, warum es hier keine Verbesserungen geben soll", appellierte Zadić in einem Statement gegenüber der APA. Durch das EU-Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderhitzung vereinbar sind. Deutschland hatte bereits angekündigt, sich zu enthalten.

"Mit einem starken Lieferkettengesetz könnten wir endlich wirksam gegen die Ausbeutung von Millionen Kindern vorgehen", so Zadić. Das Gesetz, das sie "mit aller Kraft unterstützen" will, biete "eine einmalige Chance, unseren Planeten und seine Artenvielfalt vor weiterer Zerstörung zu schützen und für unsere Kinder und Enkelkinder zu bewahren." Zudem schaffe man damit faire Wettbewerbsbedingungen; kleine Unternehmen und Familienbetriebe, die regional wirtschaften, würden gestärkt.

Vehement gegen eine Umsetzung des Lieferkettengesetzes ist WKÖ- und ÖVP-Wirtschaftsbundpräsident Mahrer. Unter den Wirtschaftsverbänden gebe es eine "fast paneuropäische Ablehnung". Man bekenne sich zwar zu "mehr Nachhaltigkeit und der Einhaltung sozialer Standards". Der Wirtschaftsvertreter fragte am Rande einer Pressekonferenz aber, "Wer kann das garantieren?" Das seien nicht die Unternehmen, aber "Regierungen und Handelsverträge". "Das ist den Betrieben in weiten Teilen nicht umhängbar", sagte Mahrer auf Nachfrage der APA.

Ziele im Rahmen von ESG-Kriterien zur nachhaltigen Unternehmensführung seien okay, aber man könne "nicht den Ast abschneiden auf dem man sitzt und sich selbst aus dem Markt herauspreisen", verwies Mahrer auf eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen und europäischen Wirtschaft aufgrund immer höherer Kosten und Auflagen. "Daher muss es heißen, zurück an den Start", forderte Mahrer. "Machen wir was machbar ist, wo wir einen sinnvollen Beitrag leisten können." Das Lieferkettengesetz, so wie es jetzt kommen könnte, sei aber "null praxistauglich, extrem realitätsfern und zudem wird es nicht helfen, Zielsetzungen zu erreichen", glaubt der WKÖ-Chef.

IV-Präsident Georg Knill sprach zuletzt gegenüber der APA "von der nächsten bürokratischen Lawine", die auf heimische Unternehmen zurolle. Die Industriellenvereinigung bekräftigte ihre Kritik am Mittwoch. Doch es gibt auch Firmenvertreter, die sich für ein scharfes Lieferkettengesetz aussprechen. So argumentiert Herbert Schlossnikl, Geschäftsführer von Vöslauer in einer Stellungnahme vom Mittwoch fürs EU-Lieferkettengesetz: "Wir wissen, dass menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten nicht im Betrieb und beim unmittelbaren Lieferanten enden. Demzufolge begrüßen wir ein ambitioniertes und klar definiertes Lieferkettengesetz. Nur so wird der Fokus auf die gesamte Lieferkette gelenkt und Verbesserungen für Mensch und Umwelt werden Wirklichkeit."

Für das Lieferkettengesetz hatten sich am Montag bereits zahlreiche Umweltschutzorganisationen, NGOs und politische Akteure stark gemacht und für Kochers Zustimmung plädiert. Die katholischen Bischöfe Stephan Turnovszky und Werner Freistetter appellierten laut "Kathpress" ebenfalls für eine Zustimmung. Schließlich ziele dieses darauf ab, Unternehmen zur Einhaltung ökologischer Standards und zur Achtung von Menschenrechten zu verpflichten. Auch die Arbeiterkammer (AK) ist für eine Umsetzung. Laut AK halte sich der administrative Aufwand in engen Grenzen. Eine "Win-win-Situation für Europa und den globalen Süden" sei mit dem Lieferkettengesetz möglich. Je stärker das EU-Lieferkettengesetz ausgestaltet sei, desto eher führe es zu Wohlstandsgewinnen im globalen Süden und zu besseren Arbeitsbedingungen.

phs/iga/sag

WEB https://news.wko.at/presse http://www.iv-net.at/ http://www.arbeiterkammer.at

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