Stefan Höhne-Kolumne 12.06.2013 15:45:00

Schwellenländeranleihen sind unverzichtbarer Portfoliobaustein

Kolumne

Auf der anderen Seite müssen Anleger mit diesen Bonds aber auch äußerst niedrige Renditen akzeptieren. Weitaus höhere Erträge bieten hingegen Schwellenländeranleihen – und die Zeiten, in denen Anleger mit solchen Bonds unüberschaubare Risiken eingehen, gehören wohl der Vergangenheit an.

Man kann es drehen und wenden wie man will – einen Kauf von Bundesanleihen sollten Anleger sich im aktuellen Umfeld wohl besser zweimal überlegen. Investoren, die heimische Staatspapiere bis zur Fälligkeit halten möchten, müssen sich mit äußerst mageren Renditen begnügen. So rentieren Bundesanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren aktuell mit rund 0,4 Prozent per annum. Unterm Strich – also nach Abzug der Inflation – vernichten Anleger mit diesen Bonds somit ihr Vermögen. Dass auf Kursgewinne spekulierende Investoren auf ihre Kosten kommen werden, ist aufgrund des ohnehin schon niedrigen Renditeniveaus ebenfalls eher unwahrscheinlich. Als Pro-Argument kann höchstens noch das Thema Liquidität herangezogen werden.

Auch das Potenzial von Staatanleihen aus der Peripherie der Eurozone und von Corporate Bonds könnte mittlerweile sehr begrenzt sein. Schließlich ist im Zuge der schon seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase die Nachfrage nach höher rentierlichen Anleihen kräftig angestiegen – und damit einhergehend die Rendite sukzessive geschrumpft. Die Aussage von EZB-Präsident Mario Draghi im Sommer 2012, wonach die EZB bereit sei „alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten“, verlieh den Kursen der Randstaaten-Staatsanleihen in den vergangenen Monaten zusätzlich einen kräftigen Schub.

Hohe Wachstumsraten ...
Auch Anleihen der aufstrebenden Schwellenstaaten konnten in den vergangenen Monaten ordentlich Boden gut machen und von der Suche nach höher rentierlichen Assetklassen profitieren. Dennoch weisen Emerging-Markets-Bonds immer noch ein vergleichbar attraktives Risiko-Rendite-Profil auf.

Für ein Engagement sprechen auf der einen Seite Diversifikationsvorteile und auf der anderen Seite Wachstumsraten, von denen die westlichen Industrienationen nur träumen können. So werden etwa die entwickelten Staaten Asiens im laufenden Jahr wohl um über sieben Prozent wachsen. Mut macht zudem, dass viele der prosperierenden Schwellenländer ihre in der Vergangenheit teils ausufernden Inflationsraten in den Griff bekommen haben. So stiegen beispielsweise die Preise in Indonesien zwischen 1995 und 2004 im Schnitt um jährlich über 13 Prozent. Im Jahr 2012 betrug die Teuerungsrate hingegen nur noch 4,3 Prozent – ein Niveau, das auch in den kommenden Jahren gehalten werden sollte.

... und schrumpfende Verbindlichkeiten
Ein sicheres Gefühl verleiht auch die vielerorts rückläufige Staatsverschuldung. So stehen die Emerging Markets im Schnitt mittlerweile nur noch mit rund 40 Prozent der Wirtschaftsleistung in der Kreide. Die Verschuldung der westlichen Industrienationen ist bereits aufgrund der Banken-, Finanz- und Staatsschuldenkrisen in den vergangenen Jahren angestiegen – und wird weiter steigen, voraussichtlich auf durchschnittlich rund 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2016 (G20-Länder). Die damit einhergehenden höheren Zinsaufwendungen werden das künftige Wachstum der westlichen Volkswirtschaften bremsen und die ohnehin bereits zu beobachtende Verschiebung hin zu den Schwellenländern zusätzlich beflügeln.

Zwar bedarf es des Blicks in die Kristallkugel, um die künftige Entwicklung der Emerging Markets zu prognostizieren. Doch die Chancen, dass viele Schwellenländer auch in den kommenden Jahren vergleichsweise kräftig wachsen werden, stehen nicht schlecht. So profitieren etwa Brasilien, Russland und zahlreiche Staaten Afrikas und Asiens von den hohen Rohstoffvorkommen. Die günstige Bevölkerungsstruktur sowie die steigende Produktivität der Unternehmen könnten das Wachstum zusätzlich stützen. Und: Sollte die Wirtschaft wider Erwarten schwächeln, hätten die Staaten aufgrund der gestiegenen Devisenreserven und der gesunkenen Verbindlichkeiten genügend Spielraum, um gegenzusteuern.

Immer mehr Investment-Grade-Ratings Stabile Wachstumsaussichten und sinkende Verbindlichkeiten – ein Mix, der auch an großen Ratingagenturen nicht spurlos vorüberzieht. So wurde in den vergangenen Monaten die Kreditwürdigkeit der Philippinen und der Türkei von gleich zwei der drei großen Bonitätsprüfer in den Investment-Grade-Bereich hochgestuft. Mittlerweile erhält weit über die Hälfte aller Neuemissionen aus den Emerging Markets ein Investment-Grade-Rating. Daher werden auch immer mehr Schwellenländeranleihen in die großen Benchmark-Indizes aufgenommen – steigende Nachfrage inklusive.

Dass in den vergangenen Monaten und Jahren zahlreiche Schwellenländerwährungen zum Euro aufgewertet haben und angesichts der attraktiven Aussichten immer noch Luft nach oben haben, ist die logische Konsequenz. Mit Lokalwährungsanleihen ist also somit eine noch höhere Rendite möglich als mit in Euro denominierten Bonds.

Risiken reduzieren
Doch Vorsicht: Wo hohe Renditen locken, sind auch die Risiken nicht fern – das gilt auch für Schwellenländeranleihen. So lässt etwa nicht nur die politische Stabilität in einigen Emerging Markets weiterhin zu wünschen übrig. Anhaltende Streiks von Minenarbeitern in Südafrika oder der aktuelle "türkische Frühling" in den Großstädten sind ein gutes Beispiel dafür. Unter Druck geraten die Kurse auch sobald die Nervosität an den internationalen Kapitalmärkten ansteigt.

Grund: Dann schichten Investoren nach wie vor im großen Stil ihre Schwellenländer-Investments in vermeintlich sichere Anleihen der westlichen Industriestaaten um. Dass Anleger die Entwicklungen der Emerging Markets genauesten verfolgen und analysieren, ist daher unumgänglich. Allerdings können das die meisten Privatanleger aus Zeitgründen und aufgrund des fehlenden Know-hows nicht leisten.

Um die Risiken zu minimieren und die bürokratischen Hürden – allen voran beim Kauf von Anleihen in Lokalwährung – zu umgehen, bieten sich für private Investoren breit gestreute aktive Rentenfonds an. Mit diesen Anlageinstrumenten wird nicht nur das Restrisiko auf mehrere Schultern verteilt. Auch die Auswahl der vielversprechendsten Titel wird in professionelle Hände gelegt. Bisher konnten insgesamt große globale Kapitalanlagegesellschaften, die unter anderem mit Kooperationspartnern vor Ort zusammenarbeiten, jedoch nicht zeigen, dass sie eine vergleichbare attraktive Rendite erwirtschaften können.



Stefan Höhne ist Senior Produktspezialist Fixed Income/Multi Asset Strategien bei AmpegaGerling Investment GmbH in Köln. Vor seiner Tätigkeit bei AmpegaGerling war Höhne einige Jahre bei der Fondstochter der Deutschen Bank beschäftigt, zuletzt als Head of DWS Product Management. Darüber hinaus war der studierte Diplom-Betrieswirt und -Kaufmann unter anderem bei der Deutschen Bank und bei UBS Warburg tätig. Höhne ist Certified Credit Analyst, Certified International Investment Analyst und Certified European Financial Analyst.

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