09.04.2015 09:33:00
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Goldman Sachs: Gegensätzliche transatlantische Strömungen
Im März 2015 hat die US-Notenbank offiziell entschieden, bei der Normalisierung ihrer Geldpolitik nicht mehr „geduldig“ zu sein. Zeitgleich hat die Europäische Zentralbank die erste Runde von Staatsanleihenkäufen im Rahmen ihres quantitativen Lockerungsprogramms eingeläutet.
Da die Notenbanken der beiden größten Volkswirtschaften nun in entgegengesetzte Richtungen marschieren, könnte dies unterschiedliche Auswirkungen auf die Märkte dies- und jenseits des Atlantiks haben.
Die gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des anstehenden Zinserhöhungszyklus unterscheiden sich nicht wesentlich von ihren Vorgängern. Arbeitslosenzahlen, Unternehmensgewinne und sogar die Kreditrisikoaufschläge – sie alle decken sich weitgehend mit früheren Zyklen. Auch die divergierende globale Zinsentwicklung ist insofern nicht untypisch, als sich die deutschen Zinsen schon häufig unabhängig von ihren US-Pendants entwickelt haben oder ihnen hinterhergelaufen sind. Allerdings ist unser Anleihe-Team bei Goldman Sachs Asset Management überzeugt, dass die globalen Makro- und Markttreiber derzeit höchstwahrscheinlich einen größeren Einfluss auf US-Vermögenswerte ausüben als in bisherigen Zyklen und sich die vollen Auswirkungen der geldpolitischen Divergenz erst noch zeigen werden. Trotzdem liefert der Blick zurück relativ gute Anhaltspunkte für die Zukunft. Vor diesem Hintergrund rechnen wir ab der zweiten Jahreshälfte 2015 mit Zinserhöhungen der Fed. Zudem erwarten wir eine gewisse Volatilität aufgrund der Unsicherheit, die bis dahin an den Märkten herrschen dürfte.
Im Mittelpunkt unserer Asset-Allokation steht die Übergewichtung von Industrieländeraktien und dem US-Dollar. Unsere Positionierung bleibt bullish, was uns erlaubt, starke Kursbewegungen für taktische Umschichtungen zu nutzen. Da die Märkte das positivere Konjunkturumfeld zunehmend einpreisen, bevorzugen wir Aktien gegenüber Anleihen und vor allem gegenüber Währungen. Rohstoffe wirken nach wie vor korrekturanfällig und die Dollar-Stärke hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht.
Das weltweite Produktionswachstum dürfte sich in einem niedrigen, aber letztendlich wieder günstigen Inflationsumfeld weiter beschleunigen. Für diese These sprechen
derzeit der spürbare Anstieg des globalen Einkaufsmanagerindex, das anziehende Kreditwachstum sowie die leicht positiven Inflationserwartungen in Europa und Japan. US-Unternehmensanleihen sind bei uns gegenwärtig leicht übergewichtet und US-Staatsanleihen untergewichtet. Trotz der damit verbundenen Unsicherheit spiegelt eine Zinserhöhung letzten Endes nur das Vertrauen der Fed in die zugrunde liegende Konjunkturdynamik wider. Unter dem Strich sollte sich dies für viele Anlageklassen als positiv erweisen.
In der Eurozone sind wir vorsichtig gegenüber Peripherie-Staatsanleihen und entsprechend taktisch positioniert. Dabei haben wir gemäß unserer Relative-Value-Einschätzung Spanien und Italien leicht übergewichtet. Wir glauben, dass Aktien bei der Positionierung für den Aufschwung in der Eurozone in einem Umfeld massiver geldpolitischer Stimuli ein größeres Ertragspotenzial bieten als Anleihen. Die Gewinne steigen und im zweiten Quartal in Folge gibt es mehr Unternehmen, die ihre Gewinnerwartungen übertreffen anstatt enttäuschen. Inzwischen beurteilen wir auch Finanzwerte positiver – u.a. bedingt durch die günstigeren Finanzierungskosten für Banken in den Peripherieländern. Außerdem überzeugen uns Unternehmen, die von der Euro-Schwäche und der starken Nachfrage im US-Konsumgütermarkt profitieren.
Der wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone über 2015 hinaus stehen wir allerdings nach wie vor skeptisch gegenüber. Die Dynamik könnte an Schwung verlieren, wenn der temporäre Effekt niedrigerer Ölpreise und eines schwachen Euros nachlässt. Wir glauben daher, dass das Wachstum 2016 wieder leicht auf 1,2 Prozent sinken wird. Die schwache Inflation ist aufgrund der schlechten demografischen Entwicklung und des mäßigen Lohnwachstums eine langfristige Herausforderung. Sie dürfte vor dem vorläufigen Ende des quantitativen Lockerungsprogramms im September 2016 kaum die Marke von 1 Prozent erreichen – geschweige denn das Ziel von knapp unter 2 Prozent.

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