16.07.2015 09:19:00
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Swisscanto: "Ein Grexit wäre keine Lösung"
Anastassios Frangulidis, Chefökonom der Zürcher Kantonalbank (ZKB), der Eigentümerin von Swisscanto Asset Management, spricht im Interview über die griechische Krise und die jüngsten Beschlüsse des Euro-Gipfels.
Anastassios Frangulidis wurde in Griechenland geboren und besitzt die Schweizer sowie die griechische Staatsangehörigkeit. Er trat 1999 in die ZKB ein und fungiert seit 2010 als Chefökonom. Zudem ist er Mitglied des Chefökonomenverbands europäischer Staatsbanken (EAPB).
Herr Frangulidis, was halten Sie von den jüngsten Beschlüssen des Euro-Gipfels zu Griechenlands Schuldenkrise?
Anastassios Frangulidis: Ich erachte die Resultate als positiv, da ein Grexit vermieden wurde. Zugegebenermaßen stand die griechische Regierung mittlerweile mit dem Rücken zur Wand und konnte ursprüngliche Forderungen nicht mehr stellen. Aber immerhin einigte man sich auf eine Grundlage.Nun wird es noch anspruchsvoller in der Griechenland-Thematik. Denn die Implementierung der Beschlüsse ist der nächste Schritt nach der Zustimmung im Parlament am Abend des Mittwochs (15.7.). Es wird nicht einfach werden, Reformen bei rezessiven Verhältnissen umzusetzen. Zudem kann es zum Umbau der Regierung kommen. Auch das Szenario von Neuwahlen steht im Raum. Es bleibt also trotz der jüngsten Entwicklungen noch etwas Unsicherheit im Raum.
Welche Auswirkungen auf die Finanzmärkte erwarten Sie für das weitere Jahr und wäre ein sofortiger Grexit nicht sinnvoller gewesen?
Anastassios Frangulidis: Ein Grexit wäre keine Lösung – weder für Griechenland noch für die Euro-Zone. Denn Griechenland hatte auch schon vor der Euro-Einführung Probleme mit der eigenen Währung, der Drachme. Und für die Euro-Zone wäre der Austritt eines Mitgliedslandes ein schlechtes Signal. Es würde die Frage aufwerfen, ob jedes Mitgliedsland, welches wirtschaftliche Probleme bekommt, mit dem Austritt aus der Euro-Zone rechnen muss. Zudem wären massive Spaltungsprobleme aufgetreten. Die Vermeidung des Grexit ist definitiv besser für die Einheit der Währungsunion.Die Finanzmärkte haben bereits kurz vor den Beschlüssen die Einigung eingepreist und Aktien reagierten positiv. Vor allem europäische Dividendenpapiere entwickelten sich gut. Auch die Spreads der Anleihen südeuropäischer Papiere gegenüber beispielsweise deutschen Bundesanleihen sind kleiner geworden. Ich gehe davon aus, dass die Finanzmärkte das Thema Griechenland bald hinter sich lassen und wir wieder fundamentale Fragen höher gewichten. Zum Beispiel darüber, wie sich Unternehmensgewinne entwickeln oder wann die amerikanische Notenbank die Zinsen erhöht.
Sie waren vor Kurzem in Griechenland. Wie dramatisch ist die Krise für die Bevölkerung?
Anastassios Frangulidis: Für die Bevölkerung ist die Lage seit fünf, sechs Jahren schwierig. Daher ist die Stimmung entsprechend angespannt. Mit der Einführung der Kapitalverkehrskontrollen und dem Eingriff in die persönliche Freiheit (60 Euro-Barabhebungslimit pro Tag) wurde es nicht besser. Für viele Griechen ist es ohne Zusatzeinkommen in dieser Volkswirtschaft, die sich im freien Fall befindet, sehr schwer über die Runden zu kommen. Doch mit dem Montag könnte sich eine leichte Stabilisierung abzeichnen und langsam Hoffnung aufkeimen, die das griechische Volk gut gebrauchen kann.

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