Exklusiv-Interview |
25.09.2014 15:00:00
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Experte Albrecht: "Zertifikate bieten Vorteile in Seitwärtsphasen"
finanzen.at: Herr Albrecht, lassen Sie uns einen Blick auf den österreichischen Leitindex werfen. Wie interessant ist der ATX aktuell für den Privatanleger?
Andre Albrecht: Der österreichische Aktienmarkt hat 2014 einen deutlichen Rücksetzer verzeichnet, obwohl viele andere internationale Aktienmärkte im Plus und sogar fast auf Höchstständen notieren. Trotz der fundamental recht tiefen Bewertung erweisen sich die Geschäftsverbindungen vieler börsenotierter Unternehmen mit Russland im aktuellen Umfeld als nachteilig für die Aktienperformance. Wir rechnen daher erst mit einer deutlicheren Erholung des Wiener Leitindex, wenn sich die Russland-/Ukraine-Krise spürbar entspannt. Für den Privatanleger am attraktivsten sind aus unserer Sicht am Wiener Markt ausgesuchte Immobilienaktien.
finanzen.at: Zertifikate erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. Welche Vorteile haben Zertifikate gegenüber anderen Produkten - besonders in der aktuellen Marktphase?
Albrecht: Zertifikate bieten Vorteile in Seitwärtsphasen und bieten zumeist (Teil-)Schutz bei Korrekturphasen. Der Trend hin zu Teilschutz-Produkten mit tiefen Barrieren bestätigt dies gerade besonders. Wir sehen in Österreich schon seit Monaten, dass immer mehr Anleger sich für Aktienanleihen, Protect Indexanleihen und Express-Anleihen und somit gegen die klassischen Garantie-Produkte entscheiden. Natürlich spricht auch das Angebot und die kürzere Laufzeit von drei bis fünf Jahren im Moment für Teilschutz. Generell kann man sagen, dass Teilschutz-Produkte in diesem mittleren Anlagezeitraum die Garantie-Produkte abgelöst haben, weil eben auch die Marktzinsen in diesem Bereich kaum sinnvolle Garantie-Produkte zulassen.
finanzen.at: Ab November sind bei Ihnen auch Faktor-Zertifikate im Angebot zu finden. Vielen Anlegern sind diese wahrscheinlich bekannt, können Sie das Produkt dennoch kurz für unsere Leser vorstellen?
Albrecht: Faktor-Zertifikate bieten die Vorteile des Hebels von Turbo-/Knock out-Produkten ohne die Nachteile des möglichen Knock-outs. Dies gelingt, weil der Hebel täglich wieder auf den Ursprungswert angepasst wird. Soll heißen: Ein Faktor-Zertifikat mit Hebel 3, wird täglich so angepasst, dass der Hebel zum Start am nächsten Handelstag wieder einen Hebel von 3 hat. Durch diese permanente Anpassung wird ein Knock out in der Regel verhindert. Sollte die tägliche Anpassung jedoch nicht das Knock-out verhindern können, zum Beispiel bei einem Hebel von 10 verliert der Basiswert während des Tages mehr als zehn Prozent, so findet intraday schon die Hebelanpassung statt, um eben ein Knock-out zu verhindern.
finanzen.at: Wo sehen Sie die Vorteile von Faktor-Zertifikaten und für welchen Anleger sind diese besonders geeignet?
Albrecht: Faktor-Zertifikate haben somit einen klaren Vorteil gegenüber Turbo-/Knock-out Produkten beim Totalverlustrisiko. Den Vorteil erkaufe ich mir aber eben auch mit einem Nachteil gegenüber Turbos: Durch die tägliche Hebelanpassung kann ich nicht die Performance über einen längeren Zeitraum errechnen, weil wir ja unterstellen müssen, dass sich der Basiswert nicht linear nach oben oder unten bewegt, sondern eben einmal drei Prozent steigt, dann wieder 2,5 fällt, usw.
finanzen.at: Seit kurzem haben Sie auch Turbos auf deutsche Nebenwerte in Ihrem Portfolio. Wie unterscheiden sich Turbos von Faktor-Zertifikaten?
Albrecht: Turbos machen gegenüber Faktor-Zertifikaten jede Bewegung des Basiswertes eins zu eins mit und ich kann schon heute errechnen, wenn der Basiswert in einem Monat um 20 Prozent steigt, dann hat mein Turbo Long mit Hebel 3 genau 60 Prozent an Wert zugelegt. Auf der anderen Seite gibt es eben auch das Knock-out-Risiko. Und natürlich ist das Angebot bei Turbos deutlich größer als bei Faktor-Zertifikaten.
finanzen.at: Was denken Sie, wie wird sich der Zertifikate-Markt in Österreich Ihrer Meinung nach weiterentwickeln und wie stark spielen die aktuellen geopolitischen Probleme eine Rolle?
Albrecht: Der Zertifikate-Markt in Österreich macht gerade eine gesunde Konsolidierung durch. Das Gesamtvolumen ist seit einiger Zeit leicht rückläufig, die Umsätze hingegen anhaltend hoch. Die Erklärung liegt hier in den ablaufenden Garantie-Produkten, die ab 2007 mit hohen Kupons emittiert wurden und nun eben nicht zu ähnlichen Konditionen ersetzt werden können. In diese Rolle schlüpfen nun Teilschutz-Produkte, die aber eben nur bedingt, das gesamte ablaufende Volumen kompensieren können. Es bleiben also jene Anleger dem Zertifikat treu, die sich den Vorteilen, aber eben auch den Verlustrisiken bewusst sind.
finanzen.at: Haben Sie noch einen Tipp für Zertifikate-Neulinge?
Albrecht: Information, Information, Information! Anleger sollten sich über die Vor- und Nachteile der Produkte im Klaren sein. Dazu gibt es bei jedem Emittenten sehr gut aufbereitete Produktinformationen. Wir bieten zum Beispiel eine ganze Palette an Informationen an. Neben Produktblättern und Broschüren, gibt es Know-How-Tutorials zum Nachlesen und Videos zum Ansehen. Dann gibt es Webinare zu den diversen Produktthemen, Videos zum Marktgeschehen, einen Investmentnewsletter mit Anlageideen, eine Produkt-Hotline, und noch einiges mehr.
Das Interview führte Nina Bergmann; Redaktion: Markus Gentner
Zur Person:
Nach seinem Anfang bei Citibank Wien im Optionsscheinhandel und später Wirtschaftsblatt Online verstärkte Andre Albrecht das Zertifikate-Team der Raiffeisen Centrobank 2003. Im Jahr 2006 wechselte er zur Erste Group Bank AG und ist seither für die Konzeption und Sales Strukturierter Produkte mitverantwortlich. Andre Albrecht ist seit Beginn seiner Karriere im Bereich "Zertifikate & Strukturierte Produkte" tätig und konnte diesen Bereich seit den Anfängen mitgestalten. Albrecht spricht Deutsch, Englisch und Französisch. Den Know-How-Bereich der Erste Group Bank finden Sie hier im Internet.

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