03.12.2013 06:45:00

Pictet: „Bei High Yields muss man durchhalten“

FundResearch sprach exklusiv mit Walter Liebe, Senior Investment Advisor bei Pictet Asset Management, über die Vorzüge von High-Yield-Investments.

Im Gespräch mit FundResearch, erklärt Walter Liebe die Vor- und Nachteile von High Yields. Der Senior Investment Advisor der Schweizer Fondsgesellschaft Pictet Asset Management erläutert zudem die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB, spricht über die Fonds Pictet-Euro High Yield P sowie Pictet-Euro Short Term High Yield P, die europäische Finanzkrise und die jüngsten Schwankungen in den Schwellenländern.

FundResearch: Herr Liebe, Sie sind Rentenexperte. Was war ihr erster Gedanke als Sie die Nachricht über die letzte Leitzinssenkung der EZB hörten?

Walter Liebe: Zuerst war ich überrascht, weil das die Mehrheit der Analysten so nicht auf dem Schirm hatte. Jeder hatte damit gerechnet, dass es eine verbale Vorbereitung der Märkte auf eine mögliche Zinssenkung im Dezember gibt. Die Aktienmärkte haben die überraschende Nachricht genau richtig quittiert: Erst ein Freudensprung – und bis zum Ende des Tages waren alle Gewinne wieder fort. Im Grunde genommen ist es ein Ausdruck dessen, dass die EZB das Pulver jetzt aus einem relativ geringfügigen Anlass verschießt. Man hat gesehen, dass die Inflationsraten plötzlich fallen. Nun soll ein vermeintlicher Spielraum genutzt werden, um Zinsen zu senken, in der Hoffnung, dass damit die Kreditklemme in der Eurozone überwunden wird. Die positiven Auswirkungen dieser Zinssenkung werden sich daher sehr stark in Grenzen halten. Dieser Schritt hatte keinen Ankündigungseffekt, so dass ein Ruck durch die Wirtschaft hätte gehen können und verstärkt investiert wird. Das Gegenteil ist der Fall: Die Besorgnis bei der EZB muss schon ziemlich groß sein, dass dieser Schritt jetzt gemacht wurde.

FundResearch: Wie lange können die Zinsen noch so niedrig bleiben?

Walter Liebe: Japan ist ein gutes Beispiel. Dort sind im Jahr 1989 die Immobilienblase und die Aktienmarktblase geplatzt. Der Nikkei fiel von etwa 43.000 Punkten auf etwa 8.000 Punkte. Als Folge dessen hat die japanische Zentralbank die Leitzinsen gesenkt. Es gab eine jahrzehntelange Deflation. Als die japanische Notenbank in den 1990er-Jahren sah, dass die Konjunktur wieder in Schwung kommt und die Inflation sich erhöht, haben sie die Leitzinsen wieder leicht erhöht. Das war ein Fehler. Denn die Konsequenz war, dass sie so die Deflation – und damit die Abwärtsspirale – um viele Jahre verlängert haben. Das wissen natürlich auch die Notenbankchefs in Europa und den USA. Deren größte Angst ist nicht, die Zinsen niedrig zu halten. Die größte Angst ist, sie zu früh zu verschärfen.

FundResearch: Eine Erhöhung der Zinsen birgt die Gefahr, dass der derzeit boomende Aktienmarkt zusammenbricht. Oft ist in diesem Zusammenhang die Rede von einer Aktienmarktblase. Wie ist Ihre Einschätzung?

Walter Liebe: Da muss man unterscheiden. Ob wir uns in einer Blase finden, ist eine Bewertungsfrage. Dazu ist Höhe der Unternehmensgewinne entscheidend. Momentan befinden wir uns in einem Stadium, in dem sie fair bewertet sind. Sie sind nicht gerade billig, aber wir sind weit weg von Fantasiebewertungen. Denn die Ertragslage des Unternehmenssektors ist viel besser als die Lage der Staatsfinanzen. Eine andere Frage ist, wie die Risikomärkte reagieren, wenn die Zinsen steigen und damit die relative Attraktivität des Risikos sinkt, weil man für risikofreie Anlagen viel mehr bekommt. Ein erster Vorgeschmack war der Anstieg  der US-Renditen. Wenn es einen plötzlichen Renditeanstieg gibt, kann das zu einer stärkeren Korrektur führen. Weniger jedoch aus Bewertungsgründen, vielmehr aus psychologischen Gründen. Generell sind höhere Zinsen nicht zwingend Gift für gute Aktienmärkte.

FundResearch: Ihr Spezialgebiet sind High Yields. Der Fonds Pictet Euro High Yield P (ISIN: LU0133807163) und der Pictet-Euro Short Term High Yield P (ISIN: LU0726357527) performen seit Anfang 2012 sehr beeindruckend. Was zeichnet die Fonds aus?

Walter Liebe: Im April 2011 hat Roman Gaiser bei Pictet angefangen und leitet nun das Team für europäische High-Yield-Anleihen. Er hat eine Anlagestrategie vorgefunden, die eher aggressiv war. Wenn der Markt lief, war der Fonds gut. Lief der Markt schlecht, dann performte auch der Fonds unterdurchschnittlich. Das ist ein Performanceprofil, das zwar in Ordnung ist, aber nicht zu Pictet passt. Wir als Privatbank bevorzugen ein etwas konservativeres Performanceverhalten. Herr Gaiser hat den Prozess verändert. Er hat mehr Top-Down- und Risiko-Betrachtungen mit einer eher makroökonomischen Sichtweise angestrengt und das Bond-Picking nicht mehr so stark in den Vordergrund gestellt. Der Portfolioumbau hat eine Zeit lang gedauert. In dieser Phase des Umbaus fand im August 2011 die massive Phase der Korrektur an den Aktienmärkten statt. Da ging enorm viel Geld aus Risikoanlagen raus und auch High Yields haben korrigiert. Im Oktober 2011 beruhigte sich der Markt und begann mit der Wertaufholung. 2012 war dann ein sehr gutes Jahr für High Yields und 2013 bisher auch. Der Grund für die gute Performance des Fonds seit 2012 ist, dass wir vorher eine stärkere Korrektur hatten.

Pictet EUR High Yield P: Auf Peergroup-Niveau

Quelle: FINANZEN FundAnalyzer (FVBS)

FundResearch: Wie sieht die Portfoliostruktur aktuell aus?

Walter Liebe: Im Vergleich zur Benchmark Merrill Lynch Euro High Yield Constrained hat Roman Gaiser eine Präferenz für „B“-geratete Unternehmen. Die sind sehr stark übergewichtet. Eine starke Untergewichtung gibt es bei „BB“-Unternehmen. Dies ist das beste Rating innerhalb des High-Yield-Bereichs. Für Gaiser ist der „B“-Bereich aber der „Sweet-Spot“. Da gibt es noch ordentliche Risikoprämien, ohne zu starke Qualitätsverluste hinnehmen zu müssen. Bei „CCC“-Unternehmen hingegen ist das Ausfallrisiko viel höher, weshalb man dort selektiver vorgehen muss. Auf Sektorebene hat Gaiser ausgeprägte Vorbehalte gegen Finanztitel. Er ist der Meinung, dass Finanztitel im Hinblick auf ihre Gewinnentwicklung am schwierigsten zu prognostizieren sind. Deswegen sind sie im Fonds so stark wie möglich untergewichtet. Insbesondere Nachrangtitel sind sehr volatil. Er tendiert dazu, die Zyklizität des Portfolios durch eine Übergewichtung von Grundstoffen oder Versorgern wiederherzustellen. Dies funktionierte in der aktuellen Marktphase recht gut.

FundResearch: Warum sollten Finanzberater ihren Kunden High-Yield-Fonds empfehlen?

Walter Liebe: High Yields sind eine Anlageklasse, die extrem gute langfristige Renditeeigenschaften besitzt. Die sind fast schon aktienähnlich. Und die Volatilität ist begrenzt. Aber: Eines der besonderen Merkmale von High Yields ist, dass es alle paar Jahre zu Korrekturen kommt. Die können typischerweise zwischen fünf und 20 Prozent liegen. In der Finanzkrise 2008 haben High Yields sogar bis zu 38 Prozent korrigiert,  da in dieser Zeit viele Finanzmarktsegmente schlicht nicht mehr funktionsfähig waren. Die zwischenzeitlichen Rückschläge sind eine Eigenschaft, die viele Rentenanleger in der Regel nicht bereit sind zu tolerieren. Deswegen versuchen die Marktteilnehmer, ihr Engagement zu timen. Es ist somit ein taktisches Investment. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die allermeisten europäischen Anleger kapitulieren und verkaufen, wenn die High Yields bereits einen guten Teil der Korrektur hinter sich gelassen haben. Und sie steigen (wieder) ein, wenn die Renditeprämien schon sehr weit nach unten gekommen sind. Die Korrekturen die stattfinden, sind in der Regel in Mittelabflüssen und nicht in Problemen des Unternehmens begründet. Die Mittelabflüsse belasten den Markt und sorgen für den Draw-Down, der wiederum die Anleger aus der Anlageklasse heraustreibt. Wenn man als Anleger aber einen ganzen Zyklus durchhält, gibt es hervorragende Renditen. Und das zwischendurch aufgrund der Korrektur verlorene Geld ist nach durchschnittlich fünf bis neun Monaten wieder eingespielt.

FundResearch: Man muss es nur durchhalten?

Walter Liebe: Ja, das ist genau der Punkt. High Yield belohnt die Investoren, die es langfristig durchhalten. Selbst wenn man am ungünstigsten Zeitpunkt einsteigt, es aber durchhält, hat man innerhalb von zwei Jahren sehr attraktive Renditen. Der Versuch, den Markt zu timen, ist häufig weniger erfolgreich. Eine Variante für Anleger mit geringerer Verlusttoleranz ist es, sich auf kurz laufende High Yields zu fokussieren. In einer normalen Korrektur verlieren sie statt zehn bis 15 Prozent nur drei bis sechs Prozent. Damit können Anleger dann durchaus leben. Weil die Strategie nicht nur defensiv, sondern auch langfristig rentierlich ist, ist sie so gut angekommen, dass wir mittlerweile zwei Milliarden Euro in dem kurzlaufenden Segment verwalten.

Pictet EUR Short Term High Yield P: Deutliche Outperformance zur Peergroup

Quelle: FINANZEN FundAnalyzer (FVBS)

FundResearch: Pictet ist spezialisiert in europäischen High Yields. Worin besteht der Vorteil speziell dieser High Yields?

Walter Liebe: Pictet hat eine Expertise in europäischen High Yields aufgebaut, weil wir ein europäisches Haus sind und keine operativen Einheiten in den USA haben. Der europäische High-Yield-Markt wurde jahrelang belächelt, wegen seiner vermeintlich geringen Tiefe und Breite. 80 Prozent des global ausstehenden Volumens sind in US-High-Yields, aber deren Anteil sinkt im Laufe der Zeit. Auf der anderen Seite ist der europäische High-Yield-Markt sehr breit und liquide geworden. Er ist mittlerweile 300 Milliarden Euro groß, mit stark steigender Tendenz. Allein in diesem Jahr sind 55 Milliarden Euro netto Emissionsvolumen hinzugekommen. Jahresendziel wird so um die 60 Milliarden Euro sein. Was in Europa interessant ist, ist die Tatsache, dass die durchschnittliche Emittentenqualität und das durchschnittliche Rating besser als in USA sind. Zudem ist die Verschuldung tendenziell geringer, bei trotzdem höheren Renditeaufschlägen.

FundResearch: Pictet hat ebenfalls eine Expertise in Schwellenländern. Viele Jahre wurde deren Story erzählt. In diesem Jahr hat sich der Wind etwas gedreht, das Wort „BRIC-Bashing“ machte die Runde und das Wachstum in diesen Ländern ging zurück. Wird das so weiter gehen? Ist die Schwellenländer-Story zu Ende erzählt?

Walter Liebe: Die Wachstumsstory der Schwellenländer ist nicht am Ende. Die Volkswirtschaften wachsen weiter stärker als die entwickelten Staaten. An der grundsätzlichen Attraktivität von Staatsanleihen in Lokalwährungen hat sich nichts verändert.  Am Anlegerverhalten jedoch schon, denn Investoren sind skeptischer geworden. Das „BRIC-Bashing“ hat sich an den Anlageergebnissen von Aktieninvestments in Unternehmen aus den Emerging Markets festgemacht. Gerade was die BRIC-Staaten betraf, waren sie in der Summe eher enttäuschend. Seit der Finanzkrise 2008 haben die Schwellenländer-Aktienmärkte strukturell underperformt. Das ist aber ein Problem des Unternehmenssektors. Die Erwartungen für die Entwicklung der Gewinne waren zu hoch. Aktienmärkte brauchen steigende Gewinne des Unternehmenssektors. Etwas anderes ist die Zahlungsfähigkeit von Staaten für ihre Anleihen. Sind sie am Tag der Fälligkeit willens und in der Lage, ihre Anleihen zurückzuzahlen? Dazu wird kein hohes Wirtschaftswachstum benötigt. Es muss nur verhindert werden, dass ein Land extrem überschuldet ist und keine neuen Kredite mehr bekommt. Ein Hauptteil der Emerging-Markets-Anleihenstory war: Die Schwellenländer wachsen alle überproportional stark, die Verschuldungsquoten als Teil des BIP sind sehr niedrig, sie sind der neue „Safe-Haven“. Was in diesem Jahr so ins Kontor geschlagen hat, das waren die Auswirkungen der Ankündigung von Fed-Chef Ben Bernanke, die Liquiditätszufuhr zu drosseln. Damit kam es zu einer Kettenreaktion in den Köpfen der Anleger: Wenn die Zinsen steigen, dann ist die relative Attraktivität von Risikoanlagen versus Staatsanleihen der Industrieländer umgekehrt. Also verkauften die Investoren alles, was mit Schwellenländern zu tun hatte, auch deren Staatsanleihen. Dann wurde thematisiert und krisenähnlich dargestellt, was schon lange bekannt war. Nämlich, dass Staaten wie die Türkei, Südafrika oder Indien schon lange hohe Leistungsbilanzdefizite hatten. Indonesien ist erst in den vergangenen beiden Jahren ins Defizit gerutscht. Auch die Tatsache, dass sich die Leistungsbilanzen in den letzten Jahren verschlechtert haben, war eigentlich bekannt. Ebenso war bekannt, dass die Währungen eher mittelmäßig waren und Reformen verschleppt wurden. Das hat aber bis zur Bernanke-Rede die Anleger nicht sonderlich gestört.

FundResearch: Aber die Liquidität war da?

Walter Liebe: Die Liquidität war da, die Story stimmte und niemand hat ernsthaft angezweifelt, dass diese Staaten in der Lage und willens sind, ihre Anleihen zu bedienen. So lange sich jemand findet, der gegen Geld leiht, ist das alles kein Problem. So lange Devisenreserven da sind, können Importe finanziert werden. Das war alles keine kritische Situation. Aber auf einmal wird daraus eine Story gemacht, so auch jetzt. Natürlich wurden Reformen verschleppt und die konjunkturelle Dynamik in den BRIC-Staaten hat sich abgeschwächt. In China dreht sie gerade wieder nach oben. Indien schon traditionell eine eher schwache politische Führung. Aber die Rückzahlungsfähigkeit dieser Staaten stand nie ernsthaft in Frage. Die Marktreaktion hingegen war eine andere. Für die Märkte war ein Leistungsbilanzdefizit gleichbedeutend mit der Anfälligkeit für ein Refinanzierungsrisiko, obwohl das kein akutes  Bedrohungsszenario war. Auf die sogenannten „Fragile-Five“-Staaten mit den größten Leistungsbilanzdefiziten – Indonesien, Indien, Südafrika, Brasilien und die Türkei – hat sich der Markt besonders eingeschossen. Das waren auch die Staaten, deren Währungen am stärksten verloren hatten. Am 18. September, als Bernanke bekannt gab, die Liquiditätszufuhr doch nicht zu stoppen, drehte das ins Gegenteil und eben diese Währungen erholten sich am stärksten.

FundResearch: Wie ist Ihre Einschätzung zur Entwicklung des DAX? Wo wird er zum Jahresende stehen?

Walter Liebe: Wir sind ein Schweizer Haus und prognostizieren nicht den DAX. Aber allgemein für den Aktienmarkt sind wir der Meinung, dass die Stimmung derzeit sehr euphorisch ist. Eine Korrektur ist eigentlich sehr bald fällig, möglicherweise in den nächsten Tagen und Wochen. Die Korrektur sollte im Bereich von vier bis sechs Prozent liegen. Eine neue Baisse ist nicht zu erwarten. Wir sehen positive Liquiditätsflüsse in den Aktienmarkt, weil die meisten Anleger noch unterinvestiert sind., auch institutionelle Anleger Wenn die Märkte steigen, werden zunehmend Anleger ihre Untergewichtung aufgeben und in den Markt einsteigen. Das haben wir im Prinzip schon den ganzen Sommer gesehen. Es wird jetzt wahrscheinlich einen Knick geben und am Jahresende könnte der DAX noch höher stehen als heute.

(PD)

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